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Normalbrennweite unterschiedlicher Aufnahmeformate


tabellarische Aufstellung der wichtigsten Normalbrennweiten

Je nach Quelle werden für die einzelnen Aufnahmeformate zum Teil sehr unterschiedliche Normalbrennweiten angegeben. Oft herrscht Verwirrung darüber, auf welcher Basis sich die Normalbrennweite berechnet. Es gibt nämlich keine DIN-Norm, die den Begriff einheitlich regelt. Vielmehr machen zahlreiche Definitionen den Eindruck, als sei versucht worden, eine mehr oder weniger willkürliche Festlegung nachträglich mathematisch zu untermauern und wissenschaftlich zu erklären.

Selbst in ernst zu nehmenden Publikationen findet man Aussagen wie "Im Kino wirkt ein Bild viel räumlicher als auf dem Foto. Deshalb gilt hier ein Objektiv mit einem horizontalen Bildwinkel von 30° als 'normal'.".

Andere Fachleute lassen den "üblichen Betrachtungsabstand (= Bilddiagonale des Fotos bzw. der Projektion)" mit in die Rechnung einfließen. Auffällig ist, dass nahezu alle Herleitungsversuche mit immer wieder gleichen oder zumindest ähnlichen Werten arbeiten. Da diese aber zum Teil auf sehr unterschiedliche Weise miteinander in Beziehung gebracht werden, kommt es oftmals zu kaum vergleichbaren Ergebnissen.

Grundsätzlich wird ein Objektiv dann als normalbrennweitig bezeichnet, wenn es unter Berücksichtigung des Aufnahmeformats einen Bildwinkel liefert, der in etwa dem des menschlichen Gesichtsfeldes entspricht. Doch wie groß ist nun der menschliche Gesichtswinkel?

In den meisten Definitionen (die Betonung liegt auf den "meisten") wird der Gesichtswinkel als den Bereich definiert, der ohne Kopfbewegung, jedoch mit Bewegung der Augen, gut eingesehen werden kann. Dieser Winkel beträgt in allen Richtungen etwa 50° - das primäre Gesichtsfeld des Menschen ist nahezu rund (siehe Abbildung).

Versucht man nun das runde Gesichtfeld mit einem viereckigen Bildformat möglichst genau abzudecken, erhält man ein Quadrat, dessen Bilddiagonale (= Durchmesser des Gesichtsfeldes) sich mit folgender Formel berechnen lässt:

und für alle, deren Taschenrechner keine Wurzelfunktion besitzt:

Mit Hilfe dieser einfachen Formel lässt sich nicht nur die Diagonale, sondern auch für alle quadratischen Bildformate (beispielsweise für das 6 x 6 Mittelformat) die Normalbrennweite berechnen.

Bis zu diesem Punkt sind sich die Autoren der einschlägigen Fachliteratur weitestgehend einig. In der Fotografie und erst recht in der Kinematografie sind jedoch meist rechteckige Bildformate üblich - und ab hier scheiden sich die Geister.

Nachfolgend werden die gebräuchlichsten Herleitungen dargestellt. Keine dieser mathematischen Erklärungsversuche ist für alle Film- und Fotoformate uneingeschränkt gültig. Selbst wenn man nur die wirklich gängigen Film-, Video- und Fotoformate nach diesen Formeln durchrechnet, ergeben sich zu den üblicherweise publizierten Werten (siehe Tabelle am Schluss dieses Textes) immer wieder signifikante Abweichungen. Mit mathematischer Rundung sind diese nur teilweise zu erklären.

 

Modell 1

Die nachfolgende Formel ist wohl in den meisten Büchern zu finden, führt aber gleichzeitig mit zu den größten Abweichungen gegenüber den standardmäßig publizierten Werten. Ausgegangen wird von der tatsächlichen Bilddiagonale, d. h. das Seitenverhältnis der Abbildung hat direkten Einfluss auf das Ergebnis.

Länge der Bilddiagonale in Millimeter = Normalbrennweite in Millimeter

Für das 24 x 36 mm Kleinbildformat bedeutet dies:

(für das Kleinbildformat wird die Normalbrennweite üblicherweise mit 50 mm angegeben)

In einigen Publikationen kommt diese Formel ausschließlich für den Bereich der Standbildfotografie zur Anwendung. Für die Kinematografie wird sie leicht modifiziert. Als Begründung dient die verstärke Ausrichtung des Bewegtbildes auf die horizontale Bildebene, wobei meist von einem horizontalen Bildwinkel von 25° - 30° ausgegangen wird:

Normalbrennweite (n) = Länge der Bilddiagonale in Millimeter multipliziert mit 2

Für das 16 mm-Filmformat bedeutetet dies:


(in den meisten Publikationen wird die Normalbrennweite allerdings mit 14 mm angegeben)

Die Anwendung dieser Formel führt in etwa zu einer Verdopplung der Werte, die in den meisten tabellarischen Werken veröffentlicht werden - mit einer Ausnahme: Nahezu alle Hersteller von Super-8 Kameras und Objektiven (auch beispielsweise Schneider Kreuznach) geben in ihren Datenblättern die formatbezogene Normalbrennweite mit 15 mm an. Ein Wert, der sich nur mit dieser Formel halbwegs in Einklang bringen lässt.

 

Modell 2

Die nachfolgende Formel führt zu sehr vielen Übereinstimmungen mit den oft in Tabellen veröffentlichten Werten.

Am Ausgangspunkt der Überlegungen steht die eingangs beschriebene Diagonale in einem streng quadratischen Bild (siehe Abbildung).

Das Seitenverhältnis des rechteckigen Bildes, für welches die Normalbrennweite bestimmt werden soll, wird entsprechend der von Büropapieren bekannten Norm DIN A mit 1: 1,42 (= 1:) festgeschrieben. Es wird aus dem quadratischen Format durch Ausschnittsbildung erzeugt (dunkler Bereich in der Abb.).

Die bereits vom Anfang bekannte Formel zur Berechnung der Diagonale (d) in einem Quadrat läßt sich wie folgt umformen:

Berücksichtigt man nun die eingangs gemachten Überlegungen, dass die Länge der Diagonale dem Wert der Normalbrennweite entspricht, lässt sich für das querformatige Bild sagen:

Normalbrennweite (n) = Bildhöhe multipliziert mit 2

Interessant bei dieser Formel ist die ausschließliche Fixierung auf die Bildhöhe und auf einen reduzierten Gesichtswinkel in der vertikalen Ebene.

 

Zwei Fragen tauchen bei dieser Art der Berechung auf:

  1. Warum soll diese Formel, die ja auf einem genormten Seitenverhältnis basiert, auch für andere Bildformate gültig sein?

    Hierüber gibt es in der Literatur kaum wirklich fundierte Aussagen. Es ist denkbar, dass bei einem querformatigen Bild die Höhe als einzige wirkliche Konstante und damit als Maßstab für die Normalbrennweite angesehen wird. Die horizontale Ausdehnung des Bildes bleibt ohne Berücksichtigung, da sie vorrangig von der Stärke des gewünschten Breitwand- oder Panoramaeffekts abhängig ist und im Extremfall sogar das Gesichtsfeld des Betrachters überschreitet.

  2. Wie sieht es bei hochformatigen Bildern aus?

    Eine spezielle Formel zur Berechnung von hochformatigen Bildern lässt sich in der Literatur nicht finden. Die Formel "Bildhöhe multipliziert mit 2" würde dazu führen, dass es für jedes Filmformat zwei verschiedene Normalbrennweiten gäbe. Diese These wurde bisher nirgendwo vertreten und ist als nicht wahrscheinlich einzustufen. Vielleicht sollte man die vorgenannte Formel besser neutral formulieren:

    Normalbrennweite (n) = Länge der kurzen Seite (h) multipliziert mit 2

 

Zusammenfassung

Keine der Formeln und Herleitungen ist dazu geeignet, den Begriff "Normalbrennweite" eindeutig und formatübergreifend zu definieren. Obwohl das zweite Rechenmodell für den Bereich der Film- und Videotechnik eine recht gute Übereinstimmung mit einschlägigen Tabellenwerken zeigt, gibt es auch hier zahlreiche Widersprüche. Was ist bei anamorphotischen Aufnahmetechniken? Wie ist das Super-35-Format zu bewerten, bei dem das endgültige Bildseitenverhältnis erst bei der Nachbearbeitung endgültig fixiert wird?

Die hier dargestellten mathematischen Erklärungsversuche sind nicht die einzigen. Auf die Darstellung weiterer Definitionsansätze möchte ich jedoch verzichten, da sie entweder keine wirklich neuen Erkenntnisse bringen oder zu absolut unüblichen Ergebnissen führen.

 

Die wichtigsten Formate mit den jeweiligen Normalbrennweiten

:

Filmformat Normalbrennweite
35 mm Normalfilm 1:1,37 32 mm
35 mm Breitwand 1:1,85 22mm
16 mm Schmalfilm 14 mm
S-16 mm Schmalfilm 14 mm
Super-8 Schmalfilm

15 mm

Video 2/3"-Chip

13 mm

Video 1/2"-Cip 10 mm
Foto - Kleinbild 24 x 36 mm 50 mm

siehe auch:

Umrechnungsfaktoren für formatübergreifende Brennweitenvergleiche
Bild- und Projektionsfenstermaße
Der Bildwinkel eines Objektivs

© Stefan Neudeck 13.09.2001
www.filmtechnik-online.de